
Flussbad Berlin. Ein Spree-Refugium in Mitte.
Flussbad Berlin – Schwimmen zwischen Humboldt Forum und Bodemuseum. Wirklich? Ja, der Berliner Senat hat im Dezember 2019 die Weichen zur Realisierung des Stadtumbauprojekts in der Mitte Berlins gestellt. Entlang des Spreekanals entstehen die Schwimmstrecke für Sport und Freizeit, eine Biotoplandschaft und ein Bereich zur natürlichen Reinigung des Flusswassers.
Das städtebauliche Projekt Flussbad Berlin hat zum Ziel, eine zukunftsorientierte und gemeinschaftliche Nutzung des innerstädtischen Flussabschnittes in der Mitte von Berlin zu schaffen. Zwischen Fischerinsel und Monbijoubrücke entsteht ein neues Refugium entlang des etwa 1,9 Kilometer langen Spreekanals, mitten im urbanen Zentrum, zwischen historischer und zeitgenössischer Architektur. Im anschließenden, etwa 850 Meter langen Abschnitt des Kanals machen an mehreren Stellen Freitreppen den Zugang zum Wasser möglich und laden zum Schwimmen ein.
Flussbadeanstalten um 1900
Schon Ende des 18. Jahrhunderts wurden die ersten Badeanstalten in Flüssen errichtet. Wegen schlechter Wasserqualität waren die Flussbadeanstalten in den Großstädten ab den 1920er-Jahren verboten. Sie wurden in den 1930er-Jahren abgelöst durch weitläufige Freibäder in parkähnlichen Anlagen.

„In der Berliner Mitte treffen vielfältige Interessen aufeinander, diese gilt es in Einklang zu bringen. Mit dem Beschluss des Stadtumbaugebiets und der Errichtung der Freitreppe hin zum Spreekanal wird das bestehende Umfeld deutlich verbessert und ein neuer, attraktiver Ort jenseits von Hochkultur und Konsum für Berlinerinnen und Berliner sowie Besucherinnen und Besucher gleichermaßen geschaffen,“ so Katrin Lompscher, Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen.
Die Finanzierung
Zwischen 2015 und 2019 wurde der gemeinnützige Verein Flussbad Berlin im Rahmen des Bundesprogramms Nationale Projekte des Städtebaus mit 4 Millionen Euro zur weiteren Entwicklung und Vermittlung des Vorhabens durch Bund und Land gefördert. 2019 folgte eine erneute Förderung im Bundesprogramm mit insgesamt 6,4 Millionen Euro zur Realisierung der ersten Freitreppe am Humboldt Forum.
Beschlossen wurde der Bau einer großzügigen Ufertreppe am sonnigen Südwestufer des Kanals. An der Schlossfreiheit wird vor dem Hauptportal des Humboldt Forums ein Aufenthaltsort am Wasser entstehen und der erste praktische Wasserzugang zum Spreekanal, der schon bald zum Schwimmen einladen soll, errichtet.


Der zwischen 15 und 45 Meter breite und 835 Meter lange Bereich zum Freiwasserschwimmen beginnt an der Wehrstufe bei der European School for Management and Technology ESMT Berlin, im ehemaligen DDR-Staatsratsgebäude, Der weitere Verlauf führt am Auswärtigen Amt und am Humboldt-Forum vorbei bis zur Nordspitze der Museumsinsel. Das Wasser wird hier über zwei Freitreppen zugänglich, die an der ESMT Berlin und am Humboldt-Forum die heute senkrechte Ufermauer ersetzen. Überdachte und blickgeschützte Umkleiden, Duschen, WCs und Schließfächer sollen angrenzend an das Hochschulareal auf einem hölzernen Ponton an der Uferwand eingerichtet werden. Ein dritter Zugang zum Wasser wird gegenüber dem Bode-Museum geschaffen – als schmaler Ponton vor der Ufermauer, mit überdachten Umkleiden und Schließfächern knapp über Wasserniveau.
Ein sauberer Fluss
Die Reinigung des Spreewassers wird mit Hilfe eines ökologischen Pflanzenfilters erfolgen. Das eröffnet den Schwimmern und Schwimmerinnen die Möglichkeit, in sauberes Wasser einzutauchen. Zur Verwirklichung der natürlichen Flussreinigung wird der 1,9 Kilometer lange Flusslauf in drei Abschnitte unterteilt. Der naturnahe Wasserlauf und der Filterbereich bilden ein grünes Band am Wasser, der Schwimmbereich bildet den Abschluss.

Zwischen der östlichen Spitze der Fischerinsel und der Gertraudenbrücke liegt der erste Abschnitt. Der steinerne Kanal wird zu einem naturnahen Wasserlauf umgestaltet. An der Friedrichsgracht, dem zweiten Abschnitt, soll ein natürlicher Pflanzenfilter inmitten des Flussbetts das Flusswasser reinigen. Auf dem Kanalgrund wird eine mit Schilf bepflanzte Kiesschicht aufgeschüttet. Durch biologische Abbauprozesse innerhalb der Kiesschicht soll der Schwimmbereich mit gefiltertem Wasser versorgt werden.
Am Filterbereich werden Orte der Forschung und Vermittlung ausgebaut werden. In der seit 2017 bestehenden Informations- und Veranstaltungsplattform des Flussbad-Gartens können sich z.B. Schulklassen über die Problematik der Gewässerverschmutzung informieren. Durch Schautafeln, Führungen und Lehrveranstaltungen wird das Flussbad als Modellprojekt zu diesem Thema vorgestellt.
Flussbäder – die Schweiz als Vorreiter
Doch der zeitgenössische Gedanke zur Rekonstruktion der Flussbadekultur ist gar nicht neu. Schweizer Städte spielten bei der Entwicklung von Aktivitäten zur Nutzung von Flüssen als Bäder in den letzten Jahrzehnten eine Vorreiterrolle, indem sie den Fluss als natürlichen öffentlichen Raum in der gebauten Umwelt erschlossen haben. Sie sind Vorbild für andere Metropolen zu der Frage, wie Flüsse für die Bürger zurückerobert werden können, um die urbane Lebensqualität nachhaltig zu verbessern.
Porträtiert werden in einer Ausstellung des DAZ – Deutsches Architekturzentrum in Berlin bis 2. August 2020 Flussbäder in Basel, Bern, Zürich und Genf sowie Projekte in Paris, Brüssel, London, New York, Boston und das Flussbad Berlin.

Etwa 100 Jahre nach der Schließung der letzten Flussbäder in der innerstädtischen Spree, die 1925 aus hygienischen Gründen ihren Betrieb einstellen mussten, sollen dank der Flusswasser-Filterung Berliner Schwimmerinnen und Schwimmer ihre Bahnen in sauberem Spreewasser ziehen.
Mit dem neuen Flussbad erschließt Berlin seinen Fluss in der Stadtmitte wieder – neu erlebbar, für Spaziergänger, Erholungssuchende und zum Freiwasserschwimmen.
Flussbad Berlin
Ausstellung Swim City
Alle Bilder im Artikel, sofern nicht anders ausgezeichnet: (c) Flussbad-Berlin e.V., realities:united, 2019
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